Betreff
Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand (§ 2b UStG) -Abgabe der Optionserklärung-
Vorlage
FB4/007/2016
Art
Informationsvorlage

Die Umsatzbesteuerung der öffentlichen Hand beschäftigt insbesondere die Rechtsprechung seit Jahren. Im bundesdeutschen Umsatzsteuerrecht war für eine potenzielle Umsatzsteuerpflicht das Vorliegen eines Betriebes gewerblicher Art (BgA) maßgeblich. Die ausschließliche Vermögensverwaltung und der Hoheitsbetrieb unterlagen nicht der Umsatzsteuer.

Demgegenüber wurde auf europäischer Ebene vordergründig der Gedanke des Wettbewerbs in die Entscheidung möglicher Umsatzsteuerpflicht einbezogen. Hieraus folgend urteilte u. a. der Bundesfinanzhof (BFH) im November 2011, dass die entgeltliche Nutzungsüberlassung einer gemeindlichen Sporthalle an eine andere Gemeinde der Umsatzsteuer unterliege und sah die Unternehmereigenschaft der Gemeinde als gegeben an. Weitere Urteile verfolgten dieselbe Zielrichtung.

Es wurde daraufhin politisch insbesondere darüber diskutiert, inwieweit und unter welchen Voraussetzungen die öffentliche Aufgabenerfüllung und die interkommunale Zusammenarbeit zukünftig umsatzsteuerfrei erfolgen könne.

 

Neuregelung und Einführung des § 2 b UStG:

Im Rahmen des Steueränderungsgesetzes 2015 wurde u. a. ein neuer § 2 b UStG eingeführt. Diese Vorschrift orientiert sich eng an europäischen Vorschriften, namentlich an Art. 13 der Mehrwertsteuersystemrichtlinie. Sofern die juristische Person des öffentlichen Rechts (nachfolgend: jPdöR) auf privatrechtlicher Grundlage (durch Vertrag) tätig ist, erfüllt sie zukünftig die Unternehmereigenschaft. Hier erfolgt prinzipiell eine Gleichstellung mit privaten Wirtschaftsakteuren.

 

Die Unternehmereigenschaft ist nicht erfüllt, sofern

Ø  die jPdöR Tätigkeiten im Rahmen der Ausübung öffentlicher Gewalt ausübt und

Ø  die Nichtbesteuerung nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führt.

 

Von einer Tätigkeit im Rahmen der Ausübung öffentlicher Gewalt ist grundsätzlich auszugehen, wenn die jeweilige jPdöR im Rahmen öffentlich-rechtlicher Regelungen tätig wird, die für private Dritte nicht gelten können, also durch Verwaltungsakt, auf Grundlage eines Staatsvertrages oder auf Grundlage besonderer kirchenrechtlicher Regelungen. Die Nichtbesteuerung darf aber auch bei Tätigkeiten in Ausübung öffentlicher Gewalt nicht zu größeren Wettbewerbsverzerrungen führen. Diese liegen insbesondere nicht vor, wenn

Ø  der erzielte Umsatz im Kalenderjahr aus gleichartigen Tätigkeiten voraussichtlich jeweils 17.500 € nicht übersteigen wird oder

Ø  vergleichbare, auf privatrechtlicher Grundlage erbrachte Leistungen ohne Recht auf Verzicht (§ 9 UStG) einer Steuerbefreiung unterliegen.

 

Der erste Fall beinhaltet eine „Kleinunternehmerregelung“, wobei noch auslegungsbedürftig sein wird, was „gleichartige Tätigkeiten“ sind. Im zweiten Fall soll die jPdöR genauso wie ein Unternehmer gestellt werden, der in den vorliegenden Fällen nicht vorsteuerabzugsberechtigt ist. Hinzuweisen ist noch darauf, dass auch weitere, nicht genannte Kriterien erfüllt sein könnten, um „größere Wettbewerbsverzerrungen“ festzustellen (…insbesondere…), wobei bereits das Tatbestandsmerkmal der „größeren“ Wettbewerbsverzerrungen auslegungsbedürftig ist.

 

§ 2 b Abs. 3 UStG regelt das Nichtvorliegen größerer Wettbewerbsverzerrungen bei Leistungen an eine andere jPdöR. Sie liegen insbesondere nicht vor, wenn

Ø  die Leistungen auf langfristigen öffentlich-rechtlichen Vereinbarungen beruhen,

Ø  die Leistungen dem Erhalt der öffentlichen Infrastruktur und der Wahrnehmung einer allen Beteiligten obliegenden öffentlichen Aufgabe dienen,

Ø  die Leistungen ausschließlich gegen Kostenerstattung erbracht werden und

Ø  der Leistende gleichartige Leistungen im Wesentlichen an andere juristische Personen des öffentlichen Rechts erbringt.

Sämtliche Voraussetzungen müssen gleichzeitig bzw. nebeneinander erfüllt sein. § 2 b Abs. 4 UStG führt Tätigkeiten auf, bei der die jPdöR immer als Unternehmerin gilt. Diese sind für die TBS nach erster Einschätzung nicht relevant.

 

Die neuen Regelungen gelten ab dem 1.1.2017. Das bisherige Recht kann aber gemäß § 27 Abs. 22 UStG bis zum 31.12.2020 angewendet werden. Hierzu muss dem Finanzamt einmalig eine entsprechende Erklärung bis zum 31.12.2016 abgegeben werden. Die Gemeinde Hilter a.T.W. hat aufgrund zeitlicher Beratungsengpässe Engpässe durch die Kommunalwahl die Optionserklärung fristgerecht abgegeben. Aus Gründen der Rechtssicherheit sollte der Rat der Gemeinde die Entscheidung der Verwaltung durch Beschluss entsprechend stützen.

Vor dem 31.12.2020 kann diese Erklärung mit Wirkung zu Beginn des neuen Kalenderjahres widerrufen werden. Wendet die jPdöR das neue Recht an, ist eine Rückkehr zum alten Rechtsstand nicht mehr möglich.

 


Die Gemeinde Hilter a.T.W. wendet die Neuregelung des § 2b UStG bis zum Ablauf der gesetzlichen Übergangsfrist (31.12.2020) nicht an und gibt eine entsprechende Optionserklärung nach § § 27 Abs. 22 UStG an das Finanzamt Osnabrück-Land ab.

 


Finanzierung:

 


Anlagen: